Vorbereitung auf NIS-2: Wichtige Informationen zur neuen EU-Cybersicherheitsrichtlinie

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Die Cybersicherheitslandschaft in Europa hat sich durch die NIS-2-Richtlinie erheblich verändert. Im Zentrum dieser neuen Vorschriften steht der Gedanke, Unternehmen zu einem proaktiveren, widerstandsfähigeren Ansatz in der Cybersicherheit zu bewegen. NIS-2 setzt dabei nicht nur auf technische Sicherheitsmassnahmen, sondern fordert auch eine stärkere Verantwortung von Unternehmensführungen und die Fähigkeit zur schnellen Wiederherstellung von Vorfällen. Die Richtlinie umfasst viele Bereiche – vom Risikomanagement bis hin zu Meldepflichten – und verlangt von Unternehmen eine umfassende Auseinandersetzung mit der eigenen Sicherheitsstruktur. Dies ist kein einmaliges Compliance-Projekt, sondern ein langfristiger strategischer Prozess, der die gesamte Organisation betrifft.

NIS-2-Konformität: Was sich für Ihr Unternehmen ändert und wie Sie sich anpassen

Die NIS-2-Richtlinie baut auf der ISO 27000-Reihe auf, geht aber über die üblichen Anforderungen hinaus. Besonders wichtig sind die strengeren Vorgaben im Risikomanagement, vor allem in Bezug auf die Lieferkette, sowie die neue Verpflichtung zur Sensibilisierung und Schulung auf allen Unternehmensebenen. Unternehmen müssen nicht nur die IT-Sicherheitspraktiken ihrer eigenen Organisation optimieren, sondern auch sicherstellen, dass ihre Drittanbieter und Auftragnehmer den hohen Cybersicherheitsstandards entsprechen.
Die wichtigsten Unterschiede zu den ISO-Standards umfassen:

  • Risikomanagement und Geschäftskontinuität: NIS-2 verlangt einen strukturierten risikobasierten Ansatz, der durch eine umfassende Geschäftskontinuitätsplanung ergänzt wird, um auf unvorhergesehene Ereignisse vorbereitet zu sein.
  • Überwachung der Lieferkette: Die Richtlinie fordert eine verstärkte Kontrolle der Cybersicherheitspraktiken bei Drittanbietern und macht Unternehmen verantwortlich für die Sicherheitsvorkehrungen ihrer Auftragnehmer.
  • Schulung und Sensibilisierung: NIS-2 verlangt, dass nicht nur IT- und Sicherheitsteams, sondern auch Führungskräfte und Vorstände spezifische Schulungen erhalten, um Cybersicherheitsfragen zu verstehen und aktiv zu beeinflussen.

Insgesamt stärkt NIS-2 die Cybersicherheitsstandards und zielt darauf ab, die digitale Infrastruktur Europas widerstandsfähiger zu machen, um besser auf sich entwickelnde Bedrohungen reagieren zu können. Die Pflicht zur Verantwortung auf allen Unternehmensebenen stellt sicher, dass Sicherheitsmassnahmen in die Unternehmensstrategie integriert werden.

Vier essentielle Schritte zur NIS-2-Konformität: So gelingt die Umsetzung

Cybersicherheitsexperten haben verschiedene Möglichkeiten aufgezeigt, wie Unternehmen die Einhaltung der Vorschriften in Angriff nehmen können. Hier sind vier Schritte, die jedes Unternehmen befolgen kann, um sicherzustellen, dass es dem Spiel voraus ist:

  1. Prüfen Sie, ob NIS-2 für Ihr Unternehmen gilt: Überprüfen Sie die Grösse und Bedeutung Ihres Unternehmens im Kontext der neuen Richtlinie. NIS-2 teilt Organisationen in „wesentlich“ und „wichtig“ ein, wobei die wesentlichen Unternehmen in kritischen Sektoren wie Energie oder Gesundheit tätig sind. Aber auch Unternehmen, die in wirtschaftlich wichtigen Bereichen agieren, sind betroffen. Wenn Ihr Unternehmen mehr als 50 Mitarbeiter hat oder einen Umsatz von über 10 Millionen Euro erzielt, ist es höchstwahrscheinlich von NIS-2 betroffen.
  2. Grenzüberschreitende Registrierung: Die Anforderungen zur Registrierung bei den Behörden sind nicht nur national, sondern auch grenzüberschreitend relevant. Unternehmen, die in mehreren EU-Ländern tätig sind, müssen sicherstellen, dass sie sich in jedem Land korrekt registrieren. Es kann von Vorteil sein, mit Experten zusammenzuarbeiten, um lokale Vorschriften zu verstehen und die NIS-2-konforme Strategie länderübergreifend zu koordinieren.
  3. Schulung des oberen Managements: Die Verantwortung für Cybersicherheit liegt nun auch eindeutig auf den Schultern der Unternehmensführung. Eine fundierte Schulung für Führungskräfte ist unerlässlich. Die Schulung sollte nicht nur die technischen Anforderungen der NIS-2 umfassen, sondern auch das Verständnis für die Bedeutung der schnellen Vorfallmeldung, die richtige Reaktion auf Sicherheitsvorfälle und das strategische Risikomanagement auf Vorstandsebene vermitteln.
  4. Einrichtung eines Incident-Management-Systems: NIS-2 verlangt, dass Unternehmen Cybervorfälle innerhalb von 24 Stunden melden. Das bedeutet, dass eine gut durchdachte und getestete Meldeinfrastruktur notwendig ist. Unternehmen sollten sicherstellen, dass ihre Incident-Management-Prozesse regelmässig überprüft und im Notfall sofort aktiviert werden können, um diese gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen.

NIS-2 und grenzüberschreitende Anforderungen: Was Unternehmen beachten müssen

Die Herausforderungen der NIS-2 erstrecken sich über nationale Grenzen hinweg. Während einige EU-Mitgliedstaaten bereits auf nationaler Ebene Schritte zur Umsetzung unternehmen, können länderspezifische Vorschriften unterschiedliche Anforderungen an Unternehmen stellen. Dies kann zu möglichen Diskrepanzen zwischen den Ländern führen. In Deutschland ist das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) die zentrale Aufsichtsbehörde, während Unternehmen in den Niederlanden der Rijksinspectie Digitale Infrastructuur (RDI) Bericht erstatten müssen. Beide Behörden haben ähnliche Aufsichtsfunktionen, doch können sie die Anforderungen unterschiedlich interpretieren.
 
NIS-2 erfordert zudem eine Bewertung der Cybersicherheitspraktiken in der Lieferkette. Unternehmen, die wesentliche oder wichtige Einrichtungen innerhalb der EU beliefern, müssen sich ebenfalls an die neuen Vorschriften anpassen – auch wenn sie nicht direkt betroffen sind. Für Unternehmen ausserhalb der EU könnte die Einhaltung der NIS-2-Anforderungen zum Standard werden, um europäische Kunden zu gewinnen und zu halten.

Jetzt handeln: Wie Unternehmen sich auf NIS-2 vorbereiten können

Die NIS-2-Richtlinie fordert Unternehmen zu einem umfassenden und proaktiven Ansatz in der Cybersicherheit auf, der weit über die regelmässige Wartung von Firewalls und das Training der Mitarbeiter zu Phishing hinausgeht. Sie verlangt einen grundlegenden Wandel in der Art und Weise, wie Unternehmen Cybersicherheitsrisiken angehen. Führungskräfte und Vorstandsmitglieder müssen eine Sicherheitskultur von oben nach unten etablieren und sicherstellen, dass sowohl präventive als auch reaktive Massnahmen gleichermassen berücksichtigt werden. Diese Strategie erfordert, dass Unternehmen ihre Cybersicherheit auf allen operativen Ebenen verankern.
 
Sobald NIS-2 in allen EU-Mitgliedstaaten umgesetzt wurde, werden die Anforderungen an die Einhaltung der Vorschriften sofort in Kraft treten. Unternehmen dürfen nicht länger zögern, sondern sollten umgehend handeln, um sicherzustellen, dass sie den strengen Anforderungen der Richtlinie gerecht werden. Die EU hat klargestellt, dass die Durchsetzung der Vorschriften streng sein wird. Aufsichtsbehörden haben die Befugnis, Unternehmen zu prüfen und bei Nichteinhaltung hohe Geldstrafen zu verhängen. Daher ist es entscheidend, dass Unternehmen ihre Cybersicherheitsstrategien frühzeitig anpassen, um Risiken und Sanktionen zu vermeiden.

Unternehmen sollten NIS-2 als eine langfristige strategische Initiative betrachten, um ihre Cybersicherheit auf allen betrieblichen Ebenen zu stärken und sich für zukünftige Bedrohungen abzusichern. Unternehmen, die bereits mit anerkannten Sicherheitsstandards wie der ISO 27001 zertifiziert sind, haben eine solide Grundlage. Dennoch müssen auch diese Organisationen die neuen Anforderungen von NIS-2 berücksichtigen, wie etwa die Überwachung von Lieferketten, die obligatorische Meldung von Sicherheitsvorfällen und die Verantwortung der Unternehmensführung für die Einhaltung der Richtlinie. Es wird zunehmend klar, dass keine Organisation von diesen Anforderungen ausgenommen ist.
 
Durch die frühzeitige Auseinandersetzung mit den Anforderungen der NIS-2-Richtlinie können Unternehmen ihre digitale Widerstandsfähigkeit stärken, Sicherheitslücken minimieren und sich als vertrauenswürdiger Partner im digitalen Raum positionieren.

NIS-2-Compliance: Wichtige Schritte zur Einhaltung der EU-Cybersicherheitsvorgaben

Um auf NIS-2 vorbereitet zu sein, sind folgende Schritte entscheidend:

  • Überprüfen Sie die Relevanz von NIS-2 für Ihr Unternehmen und definieren Sie eine Roadmap zur Compliance.
  • Erstellen Sie eine Strategie für die Registrierung in allen betroffenen Ländern und legen Sie fest, wie diese in Ihre regionale Cybersicherheitsstrategie integriert wird.
  • Führen Sie eine spezifische Schulung für das Management durch, die nicht nur technische Aspekte abdeckt, sondern auch strategische und organisatorische Verantwortlichkeiten.
  • Entwickeln Sie klare, effiziente Incident-Management-Protokolle und stellen Sie sicher, dass sie die 24-Stunden-Meldeanforderungen erfüllen.

Indem Sie diesen Plan umsetzen, schaffen Sie nicht nur eine solide Grundlage für die Einhaltung der NIS-2-Vorgaben, sondern positionieren Ihr Unternehmen auch als sicheren, verantwortungsbewussten Partner in der digitalen Welt.
 
Dieser Artikel wurde in Zusammenarbeit mit Andrea Krush (Niederlande), Patric Lenhart (Deutschland) und Robin Herrmann (Schweiz) erstellt.
 
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